Kunibert Bering, Kunsthistoriker

 
k.bering@kunstakademie-duesseldorf.de  
 
Ausschnitt der Eröffnungsrede:
 
»Eröffnung der Ausstellung
"BILDRÄUME"
im Kunstverein Villa Streccius Landau
31. Mai 2002«
 
   

Seit Lessings "Laokoon" spricht man gern von den "Raum-künsten" - Architektur, Plastik, Malerei - im Gegensatz zu den "Zeitkünsten" wie Dichtung, Schauspiel oder Musik. Die Kategorien "Raum" und "Fläche" ermöglichen eine sinnvolle Reflexion über optische Erfahrungen.

...

Die Entwicklung des Bildes in den Raum führt bei Joachim Hirling zu einer eigenständigen Lösung, die wiederum die enge Verbindung von Raumbewußtsein und Weltsicht belegt. Joachim Hirling malt quadratische Bilder, nutzt die Möglich-keiten der Kalligraphie, nicht zuletzt aufgrund längerer Studienaufenthalte in Tai-wan, die ihn mit fernöstlicher Kunst und Mystik vertraut werden ließen. Die Blätter hängt Joachim Hirling an Stangen und Schnüren so, dass sie Wände und damit einen Raum bilden - aus Bildern entsteht ein Raum im Raum. Hier stellt sich das Gefühl von Abgeschiedenheit, vielleicht von Stille ein, das zur Reflexion einlädt, die eine Reflexion, in deren Mitte jenes chinesische Gedicht stehen könnte, das den Anlaß zu der hier in der Villa Streccius präsentierten Arbeit "Reise zur Roten Wand" gab, eine um 1100 entstandene Schilderung einer Bootsfahrt zu einer be-rühmten Felswand. Darin heißt es:

Oh, wie unendlich weit es schien, als lenkten wir - die Leere erklimmend - den Wind als Wagen, nicht wissend, wo er halten würde. Oh, wie unstet wehend! Mir war, als ob ich - von allem mich lösend - die Welt verließ, beflügelt vom Aufstieg zu den Unsterblichen.

Raum und Unendlichkeit als Pole der Meditation werden hier angesprochen.

Raumdefinitionen nimmt auch Sophie Cassado vor.

...

Das Nachdenken über den Raum und die Leere steht im Zentrum z. B. des Taoismus:

Chang Tsai erläutert: "Die große Leere kann nur aus Ch'i ( das "Formlose","Gas") bestehen; dieses Ch'i muß sich verdichten, um alle Dinge zu bilden; und diese Dinge müssen sich wieder auflösen, um wieder die große Leere zu bilden."

...

 
       
    < zu Seitenanfang